
Pressemitteilung

6.10.–3.12.2023
Mittwoch, 4.10.2023, 11 Uhr
Eröffnung: Donnerstag, 5.10.2023, 19 Uhr
Ausstellung
Das Land denen
George Clark, Jörg Gfrörer & Wolfgang Jung & Walter Krieg, Elke Marhöfer, Marta RodrÃguez & Jorge Silva, Bárbara Wagner & Benjamin de Burca
Pressegespräch: Mittwoch, 4. Oktober, 11 Uhr
Das Land denen präsentiert fünf dokumentarische und künstlerische Filme im Atrium des Badischen Kunstvereins sowie im interkulturellen Projektraum COLA TAXI OKAY, die sich auf unterschiedliche Weise mit den sozialen, ökonomischen und ökologischen Bedingungen des Landbaus beschäftigen. Zugleich adressiert die internationale Filmauswahl den Kampf um Landrechte und Dekolonisierung und reflektiert Bildpolitiken und Narrative, die sowohl in Landschaften und bäuerliche Traditionen als auch in das Medium Film eingeschrieben sind.
Die Enteignung von Jörg Gfrörer, Wolfgang Jung und Walter Krieg, 1975 an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb) entstanden, beschreibt die Auswirkungen der Industrialisierung der Landwirtschaft auf norddeutsche Nebenerwerbsbetriebe, welche in die Abhängigkeit von Großbauern und Lebensmittelkonzernen geraten. Die extreme Gesundheitsgefährdung, der die Arbeiter:innen der kolumbianischen Blumenindustrie ausgesetzt sind, thematisiert der zweite historische Beitrag, Marta Rodríguez' und Jorge Silvas Amor, mujeres y flores (1989): Unmengen an Pestiziden verseuchen die für den Export in die USA und nach Europa bestimmten Schnittblumen. Der neue Film von Bárbara Wagner und Benjamin de Burca, Fala da Terra (2022), der am 11. November im COLA TAXI OKAY gezeigt wird, porträtiert die Arbeit des Coletivo Banzeiros, einer von Mitgliedern der brasilianischen Landlosenbewegung MST gegründeten Theatergruppe. Spielszenen vor Publikum und dokumentarische Aufnahmen vermitteln die Kraft kollektiven Widerstands gegen die fortgesetzte Ausbeutung von Natur und Menschen.
Von Praktiken der Selbstorganisation handelt auch George Clarks Film Sea of Clouds / 雲海 (2016), der die Beziehung zwischen Landschaft und Geschichte Taiwans untersucht. Am Beispiel der klandestinen Nutzung ländlicher Kinovorführungen für politische Zwecke während der japanischen Kolonialherrschaft hinterfragt Clark den Akt der Übersetzung: Wie steht das, was wir sehen, zu dem, was wir hören, das, was gesagt wird, zu dem, was übersetzt wird? Elke Marhöfer verfolgt in ihrer künstlerischen Arbeit einen affektiven Zugang zum Thema Artensterben, das sie nicht primär als Zerstörung, sondern als Chance und Übergang versteht. In Becoming Extinct (Wild Grass) von 2017 ertastet Marhöfers Kamera die Pflanzenwelt der südrussischen Steppe, um die Zukunft eines inklusiven Mensch-Natur-Verhältnisses zu imaginieren.
Kuratiert von Florian Wüst
Programm
Sa, 11.11., 20 Uhr
Fala da Terra, Bárbara Wagner & Benjamin de Burca, 2022, 19 min
mit anschließendem Publikumsgespräch
Veranstaltungsort: COLA TAXI OKAY, Kronenstr. 25, 76133 Karlsruhe, colataxiokay.com
In Kooperation mit: COLA TAXI OKAY
Kurator:innen-Führung
Fr, 10.11.2023, 18 Uhr
Führungen
Mi, 25.10.2023, 18 Uhr
Mi, 22.11.2023, 18 Uhr
Das Land denen wird unterstützt von:
Stiftung Deutsche Kinemathek
presse@badischer-kunstverein.de oder rufen Sie uns an unter 0721 28226.

6.10.–3.12.2023
Mittwoch, 4.10.2023, 11 Uhr
Eröffnung: Donnerstag, 5.10.2023, 19 Uhr
Ausstellung
The Kale Bed Is so Called Because There Is Always Kale in It
Ã…sa Sonjasdotter
mit Mercè Torres Ràfols, Elske Rosenfeld & Mikhail Lylov, Allkorn & Hans Larsson, Fatima Alaiwat, Sophie Hughes, Linnea Johnels, Emma Ross Sermons
Eröffnung: Donnerstag, 5. Oktober, 19 Uhr
Pressegespräch: Mittwoch, 4. Oktober, 11 Uhr
Der Badische Kunstverein zeigt eine erste umfassende Ausstellung der Künstlerin und Forscherin Åsa Sonjasdotter in Deutschland.
Die Ausstellung bildet den Auftakt einer Reihe von Projekten im Kunstverein, die sich anhand von Konzepten der Selbstorganisation für einen vielfältigen und gleichberechtigte Umgang mit Ressourcen einsetzt. Künstler:innen, Aktivist:innen, Landwirt:innen und Gärtner:innen sind eingeladen, miteinander in Kontakt zu treten, zu diskutieren und neue Räume zu schaffen, um das Bewusstsein für Ökologie, Gerechtigkeit und Klima zu schärfen, aber vor allen Dingen ein sinnvolles Umdenken und eine Orientierung zum aktiven Handeln anzustoßen. Was können wir tun, um alternative Konzepte zu mobilisieren, gleichzeitig praxisnah zu bleiben und einen relevanten Beitrag zu leisten?
Åsa Sonjasdotter beschäftigt sich seit den 2000er Jahren mit der Reaktivierung kollaborativer Anbaumethoden, die eine Monopolisierung durch Konzerne unterwandern. Ihre Arbeit verortet sich auf der Schwelle von künstlerischer Forschung, ökologischer Gerechtigkeit, Feminismus und aktivistisch-landwirtschaftlichem Engagement. Anhand von Filmen, Fotografien und Archivmaterialien spürt Sonjasdotter den Wanderungsbewegungen von Nutzpflanzen nach und reanimiert bäuerliches Wissen über Pflanzenzüchtungen. Sie zeigt Perspektiven auf, wie es durch den Anbau von vergessenem und heute ausgegrenztem Saatgut sowie die genaue Lektüre von (totem und lebendigem) Archivmaterial möglich wird, verloren gegangene Erfahrungen über Vergangenheit und Gegenwart wieder zum Leben zu erwecken. Sonjasdotters Interesse gilt der komplexen Beziehung zwischen den Pflanzen und ihrer (sensorischen) Großzügigkeit gegenüber Menschen und anderen Lebewesen.
Die Ausstellung im Badischen Kunstverein präsentiert zentrale Arbeiten Åsa Sonjasdotters aus den letzten Jahren. Sie zeigt auf verschiedenen Ebenen, wie die Erfindung der modernen, kolonialen Techniken der Pflanzenzüchtung einen Bruch mit den traditionellen Anbaumethoden darstellte, wie Wissen durch autoritäre Strukturen zentralisiert wurde und die Landwirt:innen die Kontrolle über ihre Expertise verloren. Darüber hinaus ist die Zentralisierung des Pflanzenanbaus historisch mit dem Aufstieg des Faschismus und des Nationalsozialismus verbunden und wird seit dem Zweiten Weltkrieg durch global operierende koloniale und neokoloniale Strukturen fortgeführt. Historische Fotografien von Pflanzenzüchtungen zeigen, wie die Technik der Fotografie genutzt wurde, um ein Bild von „ursprünglichen“ und „idealen“ Nutzpflanzen zu entwickeln und damit eine Biopolitik zu fördern, die monokulturelles Denken unterstützt.
Die für die Ausstellung ausgewählten Arbeiten basieren unter anderem auf Feldfrüchten, die auch in der Region rund um Karlsruhe bekannt sind (Kohl, Kartoffeln, Getreidesorten). Der Titel des Projekts bezieht sich beispielsweise auf die Art und Weise, wie Grünkohl – der in Irland wild wächst, kultiviert und wieder verwildert wird – während der britischen Kolonialisierung zu einer Heilpflanze wurde (2017–2023; in Zusammenarbeit mit Mercè Torres Ràfol). Das Projekt Adretta (seit 2012; in Zusammenarbeit mit Elske Rosenfeld und Mikhail Lylov) untersucht hingegen die Rolle der gleichnamigen Kartoffel, die in Ostdeutschland und der Sowjetunion in großem Umfang angebaut wurde, bevor sie von kapitalistischen Ernährungssystemen verdrängt wurde; heute dient sie post-sowjetischen Subsistenzlandwirt:innen von Kasachstan bis Sibirien als Grundnahrungsmittel. Das Ausstellungs- und Forschungsprojekt Peace with the Earth – Tracing Agricultural Memory Refiguring Practice (2016–2019) thematisiert das antiimperalistische Plädoyer der nonkonformen Landwirtin und Parlamentarierin Elisabeth Tamm (1880–1958) und der Schriftstellerin Elin Wägner (1882–1949) für Landreformen, die weg von Gewaltverhätlnissen durch Ausbeutung und Kolonialisierung und hin zu einem Leben in „Frieden mit der Erde“ führen. Ihr Bekenntnis zu einer ko-nährenden Beziehung zur Erde initiierte auch eine neue Richtung in der wissenschaftlichen Forschung. An mehreren Stellen der Ausstellung lädt die Künstlerin die Besucher:innen ein, die präsentierten landwirtschaftlichen Nutzpflanzen mitzunehmen und weiter zu kultivieren.
Das umfangreiche Veranstaltungsprogramm aus organisierten Spaziergängen, Kochworkshop und Vorträgen bringt translokale, regionale und lokale Initiativen miteinander ins Gespräch. Gemeinsam mit den Künstlerinnen Daniela Edith Zambrano Almidón (Peru/Deutschland) und Gatari Surya Kusuma (Indonesien) stellt Åsa Sonjasdotter das für die Singapur Biennale 2022 initierte kollaborative Projekt Papitas Tarpuycha – Earthing Potatoes vor, das anhand von Ritualen und Aktionen eine spirituelle Beziehung zur Erde wiederherstellt.
Kuratiert von Anja Casser
Åsa Sonjasdotter (*1966, Helsingborg, SWE) lebt und arbeitet auf der Insel Ven, SWE, und in Berlin, GER. Zu ihren aktuellsten Ausstellungen und fortlaufenden Projekte gehören u.a.: The Kale Bed is so Called because there is Always Kale in it (mit Mercè Torres Ràfols, NCAD FIELD und Irish Seed Savers), EVA International, Limerick, IRL; Papitas Taypuycha – Earthing Potatoes (mit Daniela Esther Zambrano Almidón und Gatari Surya Kusuma), seit 2022, u.a. Singapur Biennale 2022/23, SGP; Chemical, Organic, and Mixed (Recherche Projekt mit MA Art & Ecology, Goldsmiths), #5 Politics of Food, Delfina Foundation, London, GB; Cultivating Stories (mit Allkorn), 2022/23, Konstfrämjandet Skåne und Malmö Art Museum, SWE; Cultivating Abundance, 2019, Bergen Assembly, Bergen, NOR.
Programm
Fr, 20.10.2023, 16–19 Uhr
Copyshop Kohlrabi
mit Urbane Gärten Karlsruhe
Fr, 27.10.2023, 15 Uhr
Ausflug zu SoLaWi: Egg-Leo, Gutes Gemüse, KArotte
Special Guest: Julia Bar-Tal/15th Garden
Sa, 28.10.2023, 11 Uhr
Fahrradtour zu Gärten Fächergärtner/BUZO, Mitmach-Garten Rüppur, Urbane Gärten Karlsruhe
Fr, 10.11.2023, 19 Uhr
Papitas Taypuycha – Earthing Potatoes
mit: Daniela Edith Zambrano Almidón, Gatari Surya Kusuma & Åsa Sonjasdotter
Sa, 11.11.2023, 17 Uhr
JOIN KALE LOVE
Kochen, Abendessen & Film
Ort: COLA TAXI OKAY, Kronenstr. 25, 76133 Karlsruhe
In Kooperation mit: COLA TAXI OKAY
Kurator:innen-Führung
Fr, 10.11.2023, 18 Uhr
Führungen
Mi, 25.10.2023, 18 Uhr
Mi, 22.11.2023, 18 Uhr
The Kale Bed Is so Called Because There Is Always Kale in It wird gefördert von:
MWK Innovationsfonds Kunst
ifa – Institut für Auslandsbeziehungen
Hirsch Stiftung
Urkorn Puristen
presse@badischer-kunstverein.de oder rufen Sie uns an unter 0721 28226.
