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09.07. - 05.09.2010
Eröffnung: Donnerstag, 8. Juli 2010, 19 Uhr

Ausstellung

Karl Holmqvist
Joachim Koester

Hymn to Pan


Karl Holmqvist, Untitled, 2009

Der Badische Kunstverein freut sich, unter dem Titel „Hymn to Pan“ die Künstler Karl Holmqvist und Joachim Koester in einer umfangreichen Doppelausstellung vorzustellen. Auch wenn beide Künstler mit sehr unterschiedlichen Medien und Ausdrucksformen arbeiten, so eint sie das Interesse für die verdrängten und tabuisierten Erfahrungsräume unserer Gesellschaften der Moderne: das Übersinnliche und Okkulte, das Spirituelle und Transzendentale, das sich als gegenkulturelle Spur durch die Geschichte industrieller Rationalisierung und neuzeitlicher Rationalität zieht.

Für die Ausstellung im Badischen Kunstverein hat Karl Holmqvist eine Reihe verschiedener Mandala-Symbole als Drucke, Wandobjekte und Skulpturen versammelt, die zum größten Teil vor Ort entstanden sind. Mandalas sind rituelle Symbole der Meditation, die der Tradition buddhistischer und hinduistischer Religion entstammen, sich aber auch in popularisierter Form in den westlichen Aneignungsformen fernöstlicher Meditationspraktiken finden. Indem Holmqvist die Bildordnungen des Mandalas in klare grafische Strukturen übersetzt, die nicht zuletzt auch an die Tradition minimalistischer Formenvokabulare anknüpfen, befragt der Künstler diese Ästhetiken des Spirituellen im Hinblick auf die Grenzen zwischen High & Low. Es sind diese in sich geschlossenen, repetitiven Strukturen der Geometrien, die die Mandalas in unmittelbare Nähe zu Holmqvists Gedichten und Spoken Word-Arbeiten rücken. In seinem Video „I’LL MAKE THE WORLD EXPLODE“ operiert er so zum Beispiel mit ähnlichen Techniken der Rhythmisierung und Wiederholung von Sprache. Die Arbeit referiert auf den Song „Corporate Cannibal“ von Grace Jones, in dem die afro-amerikanische Sängerin die entfesselte Gier eines globalisierten Kapitalismus thematisiert. Verschiedene Zitate und Textfragmente kontrastieren Jones als Ikone der Schwulenkultur mit der Realität homophober Haltungen der Dancehall- Kultur bis zu rassistischen Übergriffen am Beispiel des 1991 von der Polizei brutal misshandelten Rodney Kings.

Um die Erforschung und den experimentellen Nachvollzug von Ritualen geht es auch in Joachim Koesters Arbeiten. Für den Film „To navigate, in a genuine way, in the unknown necessitates an attitude of daring, but not one of recklessness (movements generated from the magical passes of Carlos Castaneda)“ studierte Koester mit einem Pantomimen die körperlichen Exerzitien ein, die der Schriftsteller und Anthropologe Carlos Castaneda in seinem Buch „Magical Passes“ als integralen Bestandteil der magischen Praxis einer alten, mexikanischen Kultur imaginiert. Koesters filmisch-theatrale Untersuchung dieses körperlichen Rituals operiert entlang des schmalen Grats zwischen theatraler Rekonstruktion, medialer Dokumentation und der Ungreifbarkeit spiritueller Transzendenz. Einen ähnlichen Drahtseilakt zwischen der strikten Logik materieller Handlungen und sich dem rationalen Zugriff entziehender Erfahrungsräume thematisiert Joachim Koester auch in der Arbeit „The Hashish Club“. Eine raumgreifende Installation beschwört die Atmosphäre des Hôtel de Lauzun, in dem eine Gruppe Pariser Intellektueller in den 1840er Jahren mit Haschisch experimentierte. Auch die Arbeit „Morning of the Magicians“ erfasst über den Einsatz unterschiedlicher Medien den Geist einer vergangenen Epoche des Spirituellen: die durch den Okkultisten, Mystiker und Poeten Aleister Crowley 1920 gegründete Abtei von Thélèma im sizilianischen Cefalù. Crowley gibt auch der Ausstellung im Kunstverein ihren Titel. „Hymn to Pan“ heißt eines seiner berühmtesten Gedichte, das dem für seine Wollust und Zügellosigkeit bekannten griechischen Gott huldigt.

Sowohl Karl Holmqvists als auch Joachim Koesters Interesse an den Praktiken des Spirituellen und des Okkulten vollzieht sich dabei weder als Glaubensbekenntnis noch als naive Beschwörung des Irrationalen, sondern zeigt sich vielmehr durch den reflexiven Einsatz ihrer jeweiligen künstlerischen Medien als zugleich spielerisch nachvollziehende wie auch analytisch-befragende Untersuchung der kulturellen Autorität des Rationalen.

Karl Holmqvist (*1964, Väterås, Schweden) lebt und arbeitet in Berlin. Ausstellungen (Auswahl): 2009 – Gaga ARTE CONTEMPORANEA, Mexico City (solo); Argos Arts, Brüssel (solo); Gallery Giti Nourbakhsch, Berlin (solo); The Malady of Writing, MACBA, Barcelona; Depression, Marres Center for Contemporary Culture, Maastricht; Poor.Old.Tired.Horse, ICA, London. 2008 – Manifesta 7, Trentino, Italy.

Joachim Koester (*1962, Kopenhagen) lebt und arbeitet in New York und Kopenhagen. Ausstellungen (Auswahl): 2010 – Kestnergesellschaft Hannover (upcoming); The Power Plant, Toronto (solo); Tamayo Contemporary Art Museum, Mexico City (solo); Gallery Greene Naftali, New York (solo); Animism, Extra City, Antwerpen / Kunsthalle Bern; 2009 – Altermodern, Tate Triennal, Tate Britain, London; If I can’t Dance I don’t want to be Part of your Revolution, Sala Rekalde, Bilbao.

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Joachim Koester, To navigate, in a genuine way, in the unknown necessitates an attitude of daring, but not one of recklessness (movements generated from the magical passes of Carlos Castaneda), 2009, Ausstellungsansicht, Badischer Kunstverein 2010
Foto: Stephan Baumann

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Ausstellungsansicht, Badischer Kunstverein 2010
Foto: Stephan Baumann

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Karl Holmqvist, Untitled (Yantra), 2010
Ausstellungsansicht, Badischer Kunstverein 2010
Foto: Stephan Baumann

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Joachim Koester, The Hashish Club, 2009
Ausstellungsansicht, Badischer Kunstverein 2010
Foto: Stephan Baumann