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25.09. - 22.11.2009

Ausstellung

Anja Kirschner & David Panos

The Last Days of Jack Sheppard


Anja Kirschner & David Panos
The Last Days of Jack Sheppard, 2009
Ausstellungsansicht Badischer Kunstverein
Foto: Stephan Baumann

Der Badische Kunstverein zeigt die Filminstallation The Last Days of Jack Sheppard von Anja Kirschner und David Panos. Im Zentrum der erstmalig in Deutschland präsentierten Ausstellung steht die Projektion des gleichnamigen Films, der durch skulpturale Elemente aus der Kulisse und Archivmaterial in Form von Drucken, Plakaten und Büchern ergänzt wird.

The Last Days of Jack Sheppard bezieht sich auf die Lebensgeschichte des Tischlers Jack Sheppard, der als Dieb in London des 18. Jahrhunderts sein Unwesen trieb und durch seine spektakulären Gefängnisausbrüche zur Legende wurde. Bereits ein paar Jahre nach Sheppards Tod durch den Galgen wurde seine Biografie zum Vorbild für Macheath in „The Beggar’s Opera“ von John Gay, die wiederum Bertolt Brecht in seiner Dreigroschenoper 1928 adaptierte. Kirschner und Panos konzentrieren sich in ihrer Re-Inszenierung des historischen Materials auf die mutmaßliche Begegnung von Sheppard mit Daniel Defoe, dem Ghostwriter seiner 'Autobiografie'. Aktuelle Brisanz erhält der Film durch die zeitgeschichtliche Verbindung zur ersten großen Finanzkrise Großbritanniens im Jahr 1720 – der so genannten Südseeblase (South Sea Bubble) – vor deren Hintergrund sich Sheppards Leben abspielt.

Kirschners und Panos' kritischer Kostümfilm setzt sich aus einem bruchstückhaften Gefüge von historischen, literarischen und populären Quellen zusammen und erforscht die Verbindungen zwischen Repräsentation, Spekulation und den Diskursen um High & Low, die sich bereits im 18. Jahrhundert abzeichnen und bis heute relevant geblieben sind. Ihre Erzählung richtet sich gegen eine lineare Abfolge von Geschichte, indem die historischen Ereignisse zwischen den Monaten des Jahres 1724 hin- und herspringen und zeitgenössische Referenzen aus Popmusik, Lifestyle und Mode in den Ablauf einfließen.

Durch den Einbezug von Kulissenelementen, Referenz- und Quellenmaterialien wird der künstlerische Prozess in die Ausstellung integriert. Dieses bewusste Öffnen der dem Film zugrundeliegenden Struktur spielt mit dem Begriff einer „historischen Rekonstruktion“ und verweist auf den notwendig subjektiven Gehalt geschichtlicher Darstellung. So eröffnen sich neue Räume für eine aktuelle Interpretation der zahlreichen politischen, sozialen und kulturellen Bezüge.

The Last Days of Jack Sheppard stellt die Lebensgeschichte des Diebs in ein komplexes Geflecht aus Kapitalismus, Konsum und einer alles beherrschenden Strafjustiz. Während sich Sheppards Zeitgenossen an den Gaunergeschichten, Verfolgungsjagden und öffentlichen Erhängungen ergötzen, sind die Protagonisten zumeist Opfer eines repressiven Systems, dessen Neigung zu Spekulation und Verschwendung auf dem Rücken der arbeitenden Bevölkerung ausgetragen wird. Die zunehmende Kriminalität in dieser Zeit ist eine direkte Folge der wirtschaftlichen Instabilität und wird mit unverhältnismäßig hohen Strafen bekämpft.

Der Film verweist aber auch auf popkulturelle Züge des 18. Jahrhunderts, die sich in den Masken- und Kostümbällen beispielhaft widerspiegeln. Unter den maskierten Gesichtern und ballonartigen Kleidern werden die Grenzen zwischen den Geschlechtern verwischt. Jack Sheppard versteht es meisterhaft, sich in dieser Welt der Verschleierung zu inszenieren und immer wieder durch die Lücken des Systems zu schlüpfen. Dabei wird er zum Spielball einer Gesellschaft, die den ‚Marktwert’ seiner Biografie längst erkannt hat und sie schon zu Lebzeiten auf ihre literarisch-fiktive Funktion reduziert.

Der Film ist 57 Minuten lang und startet zu jeder vollen Stunde.

The Last Days of Jack Sheppard wurde in diesem Jahr von der Chisenhale Gallery in London und dem Centre for Contemporary Arts (CCA) in Glasgow in Auftrag gegeben.
Die Archivmaterialien sind Leihgaben des Londoner Privatsammlers Peter Ross.

Anja Kirschner (*1977 in München) und David Panos (*1971 in Athen) leben und arbeiten in London. Ihre Filme wurden in zahlreichen internationalen Ausstellungen und auf Filmfestivals gezeigt. Ausstellungen und Screenings (Auswahl): 2009, Kölnischer Kunstverein; 2nd Athens Biennale, Athen; Chisenhale Gallery, London; East End Film Festival, London; 2008, Transmission Gallery, Glasgow; ICA, London; Art Basel; Tate Modern, London; NAi, Rotterdam; 2007, Internationale Kurzfilmtage Oberhausen; 2006, Whitechapel Project Space, London; Jet, Berlin.

Filme: The Last Days of Jack Sheppard (57 Minuten, UK, 2009), Trail of the Spider (53 Minuten, UK, 2008), Polly II – Plan for a Revolution in Docklands (30 Minuten, UK, 2006). Die Filme werden vom British Film Institute (BFI) und dem LUX in London vertrieben.

Anja Kirschner und David Panos sind in diesem Jahr für den Jarman Award nominiert.

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Anja Kirschner & David Panos
The Last Days of Jack Sheppard, 2009
Ausstellungsansicht Badischer Kunstverein
Foto: Stephan Baumann

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Anja Kirschner & David Panos
The Last Days of Jack Sheppard, 2009
Produktionsstill
Foto: Alessandra Chila