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14. September – 18. November 2007

Matts Leiderstam

Nachbild


Matts Leiderstam
Returned, Hampstead Heath, 1997
C-print, 40.5 x 55.5 cm

Mit „Nachbild“ präsentiert der Badische Kunstverein die erste Einzelausstellung des schwedischen Künstlers Matts Leiderstam in Deutschland. Neben neuen, speziell für die Ausstellung entstandenen Arbeiten, zeigt der Kunstverein unterschiedliche Werkgruppen, die Leiderstam seit dem Ende der 1990er Jahre kontinuierlich erweitert – zumeist in direktem Bezug zum Ort der Ausstellung. So sind auch die neuen Arbeiten für „Nachbild“ aus der Auseinandersetzung mit dem Sammlungsbestand der Karlsruher Kunsthalle entstanden, dem die entsprechenden Gemälde für die Dauer der Ausstellung entliehen sind.

Leiderstams Interesse gilt den verdrängten Aspekten historischer Bildwerke, die er aus ihrem normativen Sammlungs- oder Archivkontext herauslöst und aus heutiger Sicht neu befragt. Er besucht Depots und Sammlungen von Museen, erforscht Provenienzen und Reisewege von Bildern, die seine Aufmerksamkeit erregen. Aus diesen Recherchen und ortspezifischen Annäherungen entstehen umfangreiche Bild- und Themenarchive, die oft über Jahre hinweg ergänzt und ausgebaut werden. So lädt beispielsweise der Werkkomplex „Grand Tour“ zum Studium eines umfangreichen Bestands von Bildern, Objekten und Texten zur Bildungsreise des 18. Jahrhunderts ein. Mit Hilfe von visuellen Medien wie Diaprojektionen oder Computerdarstellungen, optischen Instrumenten wie Vergrößerungsgläsern und verschiedenen Reproduktionstechniken wie selbst gemalten Kopien oder Fotografien geht Leiderstam den Bildern regelrecht „auf den Grund". Durch kleine Eingriffe und subtile Zuspitzungen schärft er den Blick für marginale Details und latente Zusammenhänge, die der Aufmerksamkeit der Betrachter für gewöhnlich entkommen. Dabei geht es dem Künstler keineswegs um eine unkritische Vermittlung kulturgeschichtlichen Wissens, sondern vielmehr um die Offenlegung von Perspektiven auf historische Artefakte, die von klassischen Lesarten unbemerkt oder unberücksichtigt bleiben. In Leiderstams Inszenierung der „Grand Tour“ wird so eine ganze Grammatik von (homo)erotischen Gesten, Blicken und Motiven sichtbar. Ob es sich dabei um einen lasziv zur Schau gestellten Körper, den intensiven Blick eines Porträtierten oder eine Gruppe von Männern in einsamer Landschaft handelt: Für Leiderstam bedarf es lediglich geringfügiger Hinweise oder Verschiebungen, um den Blick der Betrachter auf die erotischen Konstellationen zu fokussieren. In diesem Sinne „öffnet" Leiderstams Werk den historischen Fundus der Bilder durch minimale optische Interventionen, befreit sie von kulturell eingespielten Interpretationsmustern, um so die Betrachter in die Aktualität der Dynamik des Sehens und Gesehen-Werdens einzubeziehen.

iaspis

Die Ausstellung wird großzügig unterstützt von IASPiS, International Artists' Studio Program in Sweden.

Mit besonderem Dank an die Staatliche Kunsthalle Karlsruhe für die freundliche Kooperation.

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Matts Leiderstam
Selbstbildnis (left image), 2002
2 C-prints, 74 x 65 cm

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Matts Leiderstam
Grand Tour (detail), 1997-2007
Mixed media / Dimensions variable