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20.04.-20.06.2012
Eröffnung: Donnerstag, 19. April, 19 Uhr

Ausstellung

Kaucyila Brooke

Do You Want Me To Draw You A Diagram?


Kaucyila Brooke, Spirals, 2012, aus Can We Talk?, Tit for Twat, fortlaufend seit 1993
Courtesy die Künstlerin und Galerie Andreas Huber, Wien.

Der Badische Kunstverein zeigt die erste umfassende Einzelausstellung der amerikanischen Künstlerin Kaucyila Brooke in Deutschland. Die Auswahl reicht von frühen Arbeiten aus den 1980er Jahren, die bisher selten zu sehen waren, bis hin zu Werken, die Brooke für die Ausstellung im Kunstverein neu konzipiert hat. Brookes zentrales Medium ist die Fotografie, die sie auch in Text- und Bildcollagen einsetzt. Daneben arbeitet die Künstlerin mit Installationen, Zeichnungen und Videos.

Kaucyila Brooke beschäftigt sich in ihren Arbeiten mit den Mechanismen von Macht und Repräsentation und den Möglichkeiten eines individuellen Umgangs mit den vorherrschenden kulturellen Codes. In einer Gruppe von Werken aus den 1980er und 90er Jahren ist die Foto- und Textmontage das bestimmende Prinzip, um den Mustern tradierter Geschichtsschreibung eine pop- und medienkulturelle Formensprache entgegenzustellen, wie in der raumgreifenden Fotocollage Tit for Twat (1993, fortlaufend), in Unknown Deviancies (What a dish!) (1989) oder Making the Most of Your Backyard: The Story Behind an Ideal Beauty (1991). Stilistisch orientieren sich diese Bild- und Texttafeln an den Erzählstrategien populärer Fotoromane und früher Comicclips, manche der Bilder erinnern in ihrem Aufbau aber auch an Votivbilder oder illuminierte Handschriften. Die Fotografien werden inszeniert, Texte mit der Hand geschrieben, dann ausgeschnitten und aufgeklebt – ein physisches Verfahren der Montage, das dem performativen Charakter der Arbeiten im Raum entspricht. Gleichzeitig verdeutlicht sich hier der Einfluss von Film- und Medientheorien, die neben feministischen und queeren Ansätzen sowie kulturtheoretischen Analysen zu Biologie und Gender für Brookes Ansatz prägend sind. In der Arbeit Tit for Twat, die in der Ausstellung eine zentrale Rolle einnimmt, entwirft die Künstlerin beispielsweise eine alternative Schöpfungsgeschichte, in der nicht Adam und Eve, sondern die beiden Frauen Madam und Eve im Paradiesgarten zueinander finden und sich auf eine Entdeckungsreise durch die globale Welt der Kultur und Medien begeben. Für diese Arbeit hat Brooke neun neue Panels konzipiert, die im Badischen Kunstverein nun erstmals zu sehen sind.

Eine zweite Gruppe von Arbeiten in der Ausstellung widmet sich fotografischen Serien und verhandelt Fragen von Dokumentation und Archiv. Brooke nutzt das Format des fotografischen Dokuments als offene Form, die Brüche, Leerstellen und Auslassungen mit einbezieht und die Grenzen einer konventionellen Überlieferung von Wissen hinterfragt. In Kathy Acker’s Clothes (1999-2004) fotografierte Brooke in 154 Aufnahmen die verschiedenen Kleidungsstücke aus dem Nachlass der 1997 verstorbenen amerikanischen Schriftstellerin. Auf einem bloßen Bügel hängend und vor einem neutralen Hintergrund fotografiert, erfassen die Kleider den prägnanten Stil der Schriftstellerin sowie ihre Inszenierung sexueller Identität. Gleichzeitig lassen Spuren der Abnutzung und die Bewegung, mit der Brooke einige der Kleider animiert, die Abwesenheit des Körpers spürbar werden. Die für die Ausstellung neu konzipierte Fotoserie After Morandi and After GLH (2012) dekliniert auf ähnliche Weise ein privates Sujet in Abwesenheit des Subjekts. Die Vasenkollektion der Künstlerin wird im Stile des italienischen Malers Giorgio Morandi als Stillleben inszeniert und in immer neuen Arrangements vorgestellt. Wie bei Morandi so sind auch Brookes Vasen in zurückhaltender Farbgebung komponiert und erwecken auf ähnliche Weise ein Gefühl der Melancholie, der Vergänglichkeit, aber auch des eleganten Selbstbewusstseins alltäglichen Designs.

Im Waldstraßensaal des Kunstvereins werden Teile des Archivs der Künstlerin zum ersten Mal präsentiert. Viele der Materialien beziehen sich auf Brookes frühe Arbeiten aus den 1980er Jahren und verdeutlichen ihre verschiedenen Annäherungen an Fragen zu Struktur und Dialog, aber auch ihre unterschiedlichen Techniken einer Montage von Text und Bild. In einer Serie von Zeichnungen unter dem Titel Do You Want Me to Draw You a Diagram? (2004-2006) hat die Künstlerin die thematischen wie formalen Zusammenhänge ihrer Arbeiten in Diagrammen spielerisch analysiert. Diese Zeichnungen sind das Gerüst hinter den Bildern und der Code zum Eintreten in die künstlerische Praxis von Kaucyila Brooke.

Mit besonderem Dank an Galerie Andreas Huber, Wien.

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Ausstellungsansicht Badischer Kunstverein, Karlsruhe 2012
Foto: Stephan Baumann, bild_raum

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Ausstellungsansicht Badischer Kunstverein, Karlsruhe 2012
Foto: Stephan Baumann, bild_raum